Joachim Braun, Chefredakteur der Ostfriesen-Zeitung, begrüßte heute die neuen Referendarinnen und Referendare am Studienseminar Leer. Im Interview mit Seminarleiter Dr. Jelko Peters sprach der mehrfach ausgezeichnete Journalist und Autor über die Stationen seiner Karriere, über Neuanfänge nach Momenten des Scheiterns, Normen und Werte im Journalismus und die Veränderungen in einer digitalen Medienwelt.
Auch wenn die angehenden Lehrkräfte bereits seit Februar im Dienst sind (wir berichteten), die traditionelle Begrüßungsveranstaltung mit einem bekannten Vertreter aus der Region stand coronabedingt noch aus.
Statt eines Vortrags stand im Zentrum der Begrüßungsveranstaltung ein Gespräch mit Joachim Braun, der nach langjähriger Tätigkeit in Oberbayern und einer Zwischenstation in Frankfurt seit 2018 Chefredakteur der Ostfriesen-Zeitung ist. Der gebürtige Lüneburger sieht zwar viele Schnittmengen zwischen dem Beruf des Journalisten und Lehrers, jedoch auch bedeutende Unterschiede: „Einen pädagogischen Auftrag haben wir als Journalisten nicht.“ Ob er einmal in seinem Leben überlegt habe, Lehrer zu werden? „Niemals, dazu fehlt mir die Geduld“, so Braun.
Zu groß war wohl auch die Liebe zu seinem Beruf. Als er in seiner Gymnasialzeit anfing, journalistisch tätig zu sein, erkannte er schnell die Bedeutung des geschriebenen Wortes. „Als ich das erste Mal Prügel bekam, da wusste ich: Das will ich weitermachen.“ Unbequem sein, den Politikern auf die Finger schauen, Missstände aufdecken – das gefiel nicht jedem, der bequem im Amtssessel saß. Ausgezeichnet wurde Braun für seine Veröffentlichungen zweimal mit dem Deutschen Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung und mit dem Titel „Chefredakteur des Jahres“ des Medium Magazins.
Die Zeitungslandschaft in Ostfriesland sei eine ganz besondere, so Braun. „Es gibt keine Region in Deutschland, wo es eine solche Zeitungsvielfalt gibt.“ Der 56-Jährige verschweigt im Gespräch mit den angehenden Lehrkräften nicht, unter welchem Druck die Verlage stehen, auch angesichts eines veränderten Medienkonsums in einer digitalisierten Welt. „Die gedruckte Zeitung hat keine Zukunft mehr“, ist sich Braun sicher. Und so setzt er auch in seiner Redaktion auf die Ausweitung des Digitalangebots.
Wichtig ist ihm, dass Kinder und Jugendliche lernen, kritisch mit den im Internet und über die sozialen Medien verbreiteten Nachrichten umgehen. Nachdrücklich fordert er die angehenden Lehrkräfte dazu auf, Medienkompetenz zu schulen. „Da müssen Sie mit Ihren Jugendlichen ran.“ So lädt Braun die Referendarinnen und Referendare ein, Angebote des Projektes „UseTheNews“ zu nutzen, ein bundesweites Vorhaben zur Nachrichtennutzung und Nachrichtenkompetenz im digitalen Zeitalter.
Was das Besondere an Ostfriesland im Vergleich zu seinen früheren Wirkungsstätten sei, wird er zum Schluss gefragt. „Das Leben in Ostriesland ist wie in Oberbayern, nur umgekehrt.“ (UL)