Ein Manuskript braucht er nicht. Die vielen persönlichen Geschichten hat er im Kopf, und mit seinem Talent, sie zu erzählen, zieht Willi Lemke sein Publikum in den Bann. Auf beeindruckende und gewinnende Weise berichtet der Sonderberater des Generalsekretärs der Vereinten Nationen von seinen Begegnungen, Erlebnissen und Erfahrungen in der Welt des Sports und der Politik. Vor rund 120 Besuchern im Studienseminar Leer sprach der ehemalige Werder-Manager und Bremer Bildungssenator am Dienstag auf Einladung des Seminarleiters Professor Dr. Johann Sjuts zum Thema „Sport-Politik-Bildung“.
Als Repräsentant der Vereinten Nationen bereist Willi Lemke seit 2008 die ganze Welt. Er ist Förderer, Vermittler, Brückenbauer, Konfliktlöser. Sein großes Anliegen ist es, die Möglichkeiten des Sports für den sozialen Fortschritt zu nutzen und dadurch den Entwicklungs- und Friedensprozess auf allen Kontinenten zu unterstützen. Wie das geschehen kann, zeigt er in anderthalb Stunden anhand verschiedener Projekte in der ganzen Welt auf. Immer hat er die Jugend im Blick, sie aus den Slums zu holen, sie frühzeitig für den Sport zu gewinnen, die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen durchzusetzen, junge Menschen mit Behinderungen zu fördern und allen eine Schulbildung zu ermöglichen. Vorbilder sind für Lemke besonders wichtig. Bildung ist für ihn das Schlüsselwort. „Education! Education! Education!“, ruft er den jungen Lehrkräften der ostfriesischen Gymnasien und Gesamtschulen auf Englisch zu.
Klare Worte findet er, wenn es um die Kommerzialisierung des Sports oder das falsche Verständnis des olympischen Gedankens geht. „Er ist völlig irrelevant, wie viele Medaillen wir gewinnen.“
Klartext spricht Lemke auch in Sachen Inklusion, das Einbeziehen von Menschen mit Behinderungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Die Inklusion ist ihm wichtig („Inklusion ja – 100 Prozent“), jedoch kritisiert der 70-Jährige die Umsetzung insbesondere im Schulbereich: „Es ist ein Fehler, Inklusion einfach von oben zu beschließen.“ Es gelte, die Situation vor Ort im Auge zu haben und gemeinsam mit Eltern, Lehrern und Schulleitungen über die Schritte zu sprechen. „Man muss ganz klar sagen: Inklusion kostet Geld. Und Inklusion geht nur Schritt für Schritt.“ Dafür erntet er Applaus aus dem Publikum.
Den pädagogischen Nachwuchs fordert er auf, den Kindern ihren Lernfortschritt aufzuzeigen und sie dadurch zu ermutigen. Motivation sei im Lehrerberuf von maßgeblicher Bedeutung. „Sie können nur gute Arbeit leisten, wenn Sie es mit Freude tun, bei allen Herausforderungen.“ (SJ/UL)